Rechtsprechung
KG Berlin, Beschluss vom 31.10.2006 - 9 W 152/06
Zitate aus anwaltlichen Schriftsätzen zulässig? - Es gibt kein generelles Verbot, aus Schriftsätzen von Rechtsanwälten zu zitieren, noch sind derartige Zitate generell zulässig. Zitate aus anwaltlichen Schriftsätzen können allerdings grundsätzlich das allgemeine Persönlichkeitsrecht und das Recht auf freie Berufsausübung des Rechtsanwalts berühren.
GG Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1, Art. 5 Abs. 1, Art. 12 Abs. 1; BGB §§ 823, 1004
Leitsätze:*1. Jede sprachliche Festlegung eines bestimmten Gedankeninhalts ist Ausfluss der Persönlichkeit des Verfassers. Die Veröffentlichung
eines Zitates aus einem anwaltlichen Schriftsatz kann daher das allgemeine Persönlichkeitsrecht (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG) des
Rechtsanwalts in seiner Ausprägung als Selbstbestimmungsrecht beeinträchtigen, welches dem Verfasser vorbehält, in bestimmten Umfang
darüber zu entscheiden, ob und wie die Persönlichkeit für öffentlich verbreitete Darstellungen benutzt wird.
2. Grundsätzlich ist allein der Verfasser befugt darüber zu entscheiden, ob und in welcher Form eine sprachliche Gedankenfestlegung seiner Person
der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden soll (BGH NJW 1954, 1404; BVerfG NJW 1980, 2070).
3. Ein generelles Verbot, aus Schriftsätzen von Rechtsanwälten zu zitieren, gibt es indes nicht (BVerfG NJW 2000, 2416; vgl. auch KG Berlin, Urteil vom
03.03.2006 - Az. 9 U 117/05). Es ist vielmehr eine Güterabwägung mit den schutzwürdigen Interessen der jeweils anderen Seite (hier: Pressefreiheit gemäß
Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG und Meinungsfreiheit gemäß Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG) vorzunehmen, die ergeben kann, dass das Informationsinteresse der Öffentlichkeit
gegenüber den schutzwürdigen Belangen des Rechtsanwalts überwiegt (hier: bejaht) und das betreffende Zitat damit gerechtfertigt ist.
4. Die Veröffentlichung von Zitaten aus anwaltlichen Schriftsätzen kann das Recht des Rechtsanwalts auf freie Berufsausübung (Art. 12 Abs. 1 GG)
beeinträchtigen (vgl. dazu: KG Berlin, Urteil vom 03.03.2006 - Az. 9 U 117/05; hier: verneint).
Bearbeiter: RA Thomas Gramespacher
Online seit: 24.12.2008
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/1837
*Redaktionell. Amtliche Leit- und Orientierungssätze werden in einer "Anm. der Redaktion" benannt.
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