Rechtsprechung
BGH, Urteil vom 26.06.2008 - I ZR 221/05
Extreme Garantie - Der Abschluss eines Garantievertrages von 40 Jahren ist mit den Verjährungsvorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches vereinbar und nicht wettbewerbswidrig, wenn er sich auf eine Sache bezieht, die eine entsprechende Lebensdauer hat (40 Jahre Garantie).
UWG §§ 3, 5 Abs. 1; BGB § 202 Abs. 2
Leitsätze:*1. Der Abschluss eines Garantievertrages für die Haltbarkeit einer Sache mit einer Laufzeit von 40 Jahren ist mit
den Verjährungsvorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs vereinbar. Die Werbung mit einer solchen Garantie ist
nicht wettbewerbswidrig, wenn sie sich auf eine Sache bezieht, die bei normaler Benutzung eine entsprechend lange
Lebensdauer hat (Abgrenzung zu BGH, Urteil vom 09.06.1994 - Az. I ZR 91/92, GRUR 1994, 830, 831 = WRP 1994, 732 - Zielfernrohr).
2. Nach § 202 Abs. 2 BGB kann die Verjährung durch Rechtsgeschäft nicht über eine Verjährungsfrist von 30 Jahren ab
dem gesetzlichen Verjährungsbeginn hinaus erschwert werden. Diese Vorschrift hat nur für Ansprüche Bedeutung,
die gemäß § 194 Abs. 1 BGB der Verjährung unterliegen, nicht jedoch für den Abschluss eines Garantievertrags,
der als solcher nicht der Verjährung unterliegt.
3. Ähnlich einem Instandhaltungsvertrag handelt es sich bei dem selbständigen Garantievertrag um ein Dauerschuldverhältnis, dass
- anders als die aus ihm erwachsenden Ansprüche - unverjährbar ist.
4. Eine langjährige Garantieübernahme ist wettbewerbsrechtlich im Allgemeinen nicht zu beanstanden, wenn sich die
Gewährleistung auf die Haltbarkeit eines Materials oder Werks bezieht, das bei normaler Abnutzung eine entsprechend
lange Lebensdauer besitzt, und die Garantiezusage für den Besteller nicht praktisch bedeutungslos ist (BGH, Urteil vom 26.09.1975 - Az.
I ZR 72/74, WRP 1975, 735 - Kaminisolierung; BGH Urteil vom 31.01.1958 - Az. I ZR 182/56, WRP 1958, 151 - Federkernmatratzen).
5. Die zeitgleiche Verfolgung desselben wettbewerbsrechtlichen Anspruchs durch zwei Konzernunternehmen in zwei gesonderten
Verfahren kann zwar missbräuchlich sein. Dies gilt jedoch nur, wenn kein vernünftiger Grund dafür ersichtlich ist, den
Anspruch in zwei getrennten Verfahren geltend zu machen (BGHZ 144, 165, 170 - Missbräuchliche Mehrfachverfolgung; BGH, Urteil
vom 6.4.2000 - Az. I ZR 67/98, WRP 2000, 1263 - Neu in Bielefeld I). Ein vernünftiger Grund kann insofern darin
liegen, dass Konzernunternehmen durch die beanstandeten Verletzungshandlungen unterschiedlich betroffen sind.
Bearbeiter: RA Thomas Gramespacher
Online seit: 25.08.2008
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/1729
*Redaktionell. Amtliche Leit- und Orientierungssätze werden in einer "Anm. der Redaktion" benannt.
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