Kurz notiert
Landgericht München I
Reality-TV und die Folgen - Das in Ausnutzung einer Überrumepelungssituation von dem Betroffenen abgerungene Einverständnis in Filmaufnahmen kann sittenwidrig erworben und damit nichtig sein. Die gleichwohl erfolgte Ausstrahlung kann einen Schmerzensgeldanspruch begründen.
LG München I, Urteil vom 06.08.2008 - Az. 9 O 18165/07; nrk
MIR 2008, Dok. 241, Rz. 1
1
Die 9. Zivilkammer des Landgerichts München I hat am 06.08.2008 (Az. 9 O 18165/07) einen Fernsehsender zu einem
Schmerzensgeld in Höhe von über EUR 5.000 verurteilt.
Zur Sache
Der Sender hatte in seinem Programm im Juni 2007 über die Arbeit einer Münchner Gerichtsvollzieherin berichtet. Im Fernsehen war zu sehen, wie die Gerichtsvollzieherin mit Hilfe eines Schlossers in Begleitung von zwei Polizeibeamten und einem Kamerateam die Wohnung eines gesuchten Schuldners betritt. Dort trifft die Gerichtsvollzieherin den nur mit einer Unterhose bekleideten Kläger, der bei der Kontrolle seines Ausweises brav seinen Namen nennt.
Problem bei der Sache: Der aus der Slowakei stammende Kläger war – wie sich noch während des Drehs herausstellte – nicht der gesuchte Schuldner. Gesendet wurde trotzdem.
Der Kläger verklagte daraufhin den Sender wegen der Ausstrahlung dieser – für den Kläger entwürdigenden – Szene auf Schmerzensgeld. Die Beklagte verteidigte sich damit, den Kläger aufgeklärt und von ihm die Zustimmung für die Ausstrahlung erhalten zu haben. Der Kläger erklärte dem Gericht hingegen, er sei überrumpelt worden und der deutschen Sprache gar nicht ausreichend mächtig gewesen.
Entscheidung des Gerichts: Das von dem Betroffenen in Ausnutzung der Überrumpelungssituation abgerungene Einverständnis in Filmaufnahmen ist sittenwidrig erworben, damit nichtig und die gleichwohl erfolgende Ausstrahlung der Filmaufnahmen rechtswidrig - Schmerzensgeld in Höhe von EUR 5.000 EUR
Auch das Gericht sah es als eine Überrumpelung an, von zwei Polizisten aus dem Schlaf geweckt zu werden, die den Ausweis verlangen. Hinzu kam – so die 9. Zivilkammer –, dass das Kamerateam durch das Betreten der Wohnung den Straftatbestand des Hausfriedensbruchs erfüllt und eben diese Situation dann ausgenutzt hat, um dem Kläger ein Einverständnis abzuringen. Ein solch sittenwidrig erworbenes Einverständnis ist nichtig. Eine wirksame Einwilligung in die schwerwiegende Verletzung des Persönlichkeitsrechts des Klägers sah die Kammer daher als nicht gegeben und verurteilte den Sender zur Zahlung eines Schmerzensgeldes in Höhe von EUR 5.000.
(tg) - Quelle: PM des LG München I Nr. 47/08 vom 06.08.2008
Zur Sache
Der Sender hatte in seinem Programm im Juni 2007 über die Arbeit einer Münchner Gerichtsvollzieherin berichtet. Im Fernsehen war zu sehen, wie die Gerichtsvollzieherin mit Hilfe eines Schlossers in Begleitung von zwei Polizeibeamten und einem Kamerateam die Wohnung eines gesuchten Schuldners betritt. Dort trifft die Gerichtsvollzieherin den nur mit einer Unterhose bekleideten Kläger, der bei der Kontrolle seines Ausweises brav seinen Namen nennt.
Problem bei der Sache: Der aus der Slowakei stammende Kläger war – wie sich noch während des Drehs herausstellte – nicht der gesuchte Schuldner. Gesendet wurde trotzdem.
Der Kläger verklagte daraufhin den Sender wegen der Ausstrahlung dieser – für den Kläger entwürdigenden – Szene auf Schmerzensgeld. Die Beklagte verteidigte sich damit, den Kläger aufgeklärt und von ihm die Zustimmung für die Ausstrahlung erhalten zu haben. Der Kläger erklärte dem Gericht hingegen, er sei überrumpelt worden und der deutschen Sprache gar nicht ausreichend mächtig gewesen.
Entscheidung des Gerichts: Das von dem Betroffenen in Ausnutzung der Überrumpelungssituation abgerungene Einverständnis in Filmaufnahmen ist sittenwidrig erworben, damit nichtig und die gleichwohl erfolgende Ausstrahlung der Filmaufnahmen rechtswidrig - Schmerzensgeld in Höhe von EUR 5.000 EUR
Auch das Gericht sah es als eine Überrumpelung an, von zwei Polizisten aus dem Schlaf geweckt zu werden, die den Ausweis verlangen. Hinzu kam – so die 9. Zivilkammer –, dass das Kamerateam durch das Betreten der Wohnung den Straftatbestand des Hausfriedensbruchs erfüllt und eben diese Situation dann ausgenutzt hat, um dem Kläger ein Einverständnis abzuringen. Ein solch sittenwidrig erworbenes Einverständnis ist nichtig. Eine wirksame Einwilligung in die schwerwiegende Verletzung des Persönlichkeitsrechts des Klägers sah die Kammer daher als nicht gegeben und verurteilte den Sender zur Zahlung eines Schmerzensgeldes in Höhe von EUR 5.000.
(tg) - Quelle: PM des LG München I Nr. 47/08 vom 06.08.2008
Online seit: 06.08.2008
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