Rechtsprechung
AG Burgwedel, Urteil vom 07.02.2008 - 70 C 161/06
Ungewollte E-Mail-Werbung: Streitwert nur 500,00 EUR? Single-Opt-in ausreichend? - Bei der Verwendung des so genannten "Single-Opt-in"-Verfahrens für die Anmeldung bei E-Mails-Newslettern ist technisch nicht nachweisbar, dass der konkrete E-Mail-Empfänger auch eine Anmeldung vorgenommen hat.
BGB §§ 823, 1004
Leitsätze:*1. Die Zusendung einer unverlangten E-Mail zu Werbezwecken an einen Gewerbetreibenden stellt aufgrund
der damit verbundenen Belästigung für den Empfänger einen Eingriff in seinen Gewerbebetrieb dar, den
er nicht hinzunehmen hat, sofern nicht ausnahmsweise aufgrund konkreter tatsächlicher Umstände ein sachliches
Interesse des Empfängers an dem Erhalt der Werbemail vermutet werden kann. Dem Empfänger derartiger
Werbemails steht deshalb gegen den Versender ein Unterlassungsanspruch gemäß §§ 823, 1004 BGB zu
(vgl. BGH, NJW 2004, 1655 m.w.N.)
2. Bei der Verwendung des so genannten "Single-Opt-in"-Verfahrens für die Anmeldung bei E-Mails-Newslettern u.ä.
ist technisch nicht nachweisbar, dass der konkrete E-Mail-Empfänger auch eine Anmeldung vorgenommen hat. Es ist
hier insbesondere möglich, dass jede beliebige Person einen entsprechenden Registrierungseintrag vorgenommen hat.
3. Der Aussender von E-Mail-Werbung hat das Einverständnis des Empfängers mit dem
Erhalt von Werbemails im Streitfalle zu beweisen (BGH, NJW 2004, 1655).
4. Im Fall ungewollter E-Mail-Werbung kann eine Streitwertfestsetzung von 500,00 EUR ausreichend sein.
Die Streitwertfestsetzung orientiert sich nicht an einem etwaigen volkswirtschaftlichen Gesamtschaden unerlaubter E-Mail-Werbung,
sondern an dem Interesse des Betroffenen im Einzelfalls durch eine entsprechende Werbung nicht belästigt zu werden.
Diese Belästigung kann im Einzelfall als äußerst gering angesehen werden, wenn einerseits nur äußerst geringe Kosten
auf Seiten des Betroffenen (etwa durch Verbindungsherstellung zu seinem Provider) anfallen und andererseits das Erkennen
und Löschen von Werbemails nur wenige Sekunden in Anspruch nimmt. Dies gilt umso mehr, als der Betroffene
über einen Link in den Werbemails die Möglichkeit hat, sich auf einfache Art und Weise für die
Zukunft aus dem Verteiler auszutragen.
Bearbeiter: RA Thomas Gramespacher
Online seit: 12.05.2008
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/1614
*Redaktionell. Amtliche Leit- und Orientierungssätze werden in einer "Anm. der Redaktion" benannt.
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