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Rechtsprechung



LG Düsseldorf, Urteil vom 23.01.2008 - 12 O 246/07

"RapidShare" - Zur Störerhaftung des Betreibers eines Filehosting-Dienstes für Urheberrechtsverletzungen und diesem zumutbaren Maßnahmen der Verhinderung von gleichartigen Rechtsverstößen.

UrhG §§ 19a, 97 Abs. 1 Satz 1

Leitsätze:*

1. Die Unterlassungsverpflichtung des Störers setzt die Verletzung von Prüfungspflichten voraus. Deren Umfang bestimmt sich danach, ob und inwieweit dem in Anspruch Genommenen nach den Umständen eine Prüfung zuzumuten ist (vgl. BGH, Urteil vom 11.03.2004 - Az. I ZR 304/01 m.w.N.). Entscheidend sind die Umstände des Einzelfalles, wobei die betroffenen Rechtsgüter, der zu betreibende Aufwand und der zu erwartende Erfolg in die insoweit vorzunehmende Abwägung eingestellt werden müssen. Dabei kann sich der Dienstanbieter nicht von vorne herein auf einen erheblichen Aufwand angesichts des massenhaften Datenverkehrs berufen, noch kann jede Rechtsgutsverletzung einen immensen Kontrollaufwand erfordern. Maßgeblich ist, inwieweit es dem als Störer in Anspruch Genommenen technisch und wirtschaftlich möglich und zumutbar ist, die Gefahren von Rechtsgutsverletzungen zu vermeiden, welche Vorteile der Diensteanbieter aus seinen Diensten zieht, welche berechtigten Sicherheitserwartung der betroffene Verkehrskreis hegen darf, inwieweit Risiken vorhersehbar sind und welche Rechtsgutsverletzungen drohen (OLG Düsseldorf, Urteil vom 07.06.2006 - Az. 15 U 21/06 = MIR 2006, Dok. 081).

2. Bei dem Betrieb eines Filehosting-Dienstes ist der Einsatz eines so genannten MD5-Filters nicht ausreichend, um Rechtsverstöße durch das Hochladen Rechte Dritter verletzender Dateien (hier: Musikdateien - Urheberrechte an Musikstücken) zu verhindern, da dieser nur geeignet ist das Hochladen einer absolut identischen Datei zu erkennen. Ein solcher Filter ist nicht sicher zum Auffinden eines bestimmten Werkes geeignet, da geringste Abweichungen einer Tonaufnahme (z.B. Lautstärke) bereits zu einem völlig anderen Hash-Wert führen. Ebenfalls untauglich ist der Einsatz eines Wortfilters, da Musikdateien nicht unbedingt mit einem zum Song-Titel korrespondierenden Namen versehen werden, sowie der Einsatz von menschlichen Kräften im Rahmen einer so genannte Abuse-Abteilung.

3. Als effektive Maßnahmen zur Verhinderung von Rechtsverstößen kommen allerdings die Einrichtung einer Registrierungspflicht für sämtliche Nutzer (ggf. mittels PostIdent-Verfahren oder Schufa-Abgleich) oder schließlich die Einstellung des Dienstes in Betracht.

4. Dem Betreiber eines Filehosting-Dienstes können - im Vergleich zu anderen Diensteanbietern im Internet - sehr hohe Prüfungspflichten treffen. Diese können dazu führen, dass dieser verpflichtet ist, zur Verhinderung von Rechtsverletzungen Maßnahmen zu ergreifen, welche die Gefahr beinhalten, dass das zu Grunde liegende Geschäftsmodell deutlich unattraktiver wird oder sogar vollständig eingestellt werden muss.

5. Zwar ist dem Dienstenanbieter grundsätzlich eine Unterbindung von Rechtsverstößen zumindest dann nicht mehr zumutbar, wenn eine entsprechende Obliegenheit das gesamte Geschäftsmodell in Frage stellt (vgl. BGH, Urteil vom 11.03.2004 - Az. 304/01; BGH, Urteil vom 19.04.2007 - Az. I ZR 35/04). Dies kann sich aber dann anders darstellen, wenn der bereffende Dienst nicht hauptsächlich für legale Aktivitäten genutzt wird, wenn sich das konkrete Angebot des Diensteanbieters besonders gut für eine rechtsverletzende Nutzung eignet und der Betreiber von dem rechtwidrigen Verhalten der Nutzer (zumindest auch) profitiert. In solchen Fällen kann die Grenze der Zumutbarkeit nicht mehr zwingend spätestens dort zu sehen sein, wo eine Gefährdung des Geschäftsmodells im Raume steht.

MIR 2008, Dok. 142


Anm. der Redaktion: Mit einem Hash-Wert werden binäre Daten durch einen eindeutigen Zahlenwert gekennzeichnet. Der MD5-Filter kann insoweit zur Identifizierung bestimmter Dateien dienen. Eine Aussage über den Inhalt einer Datei ist allerdings auf diesem Wege nicht möglich.
Download: Entscheidungsvolltext PDF

Bearbeiter: RA Thomas Gramespacher
Online seit: 05.05.2008
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/1607

*Redaktionell. Amtliche Leit- und Orientierungssätze werden in einer "Anm. der Redaktion" benannt.

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