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Literatur



Ass. iur. Thomas Gramespacher

Dirk Heckmann (Hrsg.), PraxisKommentar Internetrecht, Telemediengesetz, E-Commerce, E-Goverment

SaarbrĂĽcken: Juris GmbH, 2007, 771 Seiten, 139,00 EUR

MIR 2008, Dok. 045, Rz. 1-19


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Das "Internetrecht" stellt keine geschlossene Rechtsmaterie dar. Vielmehr vereint und umfasst es begrifflich diejenigen Ausschnitte zahlreicher (allgemeiner) Rechtsnormen und Gesetze (so etwa das Bürgerliche Recht, Urheberrecht, Markenrecht, Wettbewerbsrecht genauso wie Normen des Strafrechts und des Verwaltungsrechts), die auf den technologischen Anwendungsbereich und die Besonderheiten des Internets anzuwenden sind bzw. einer spezifischen Einordnung und Auslegung in diesem Bereich bedürfen, genauso wie die speziellen Rechtssätze, die als Resultat der informationstechnologischen Entwicklung der "Neuen Medien" entstanden sind (etwa das Telemediengesetz – TMG, der Rundfunkstaatsvertrag - RStV oder auch das Telekommunikationsgesetz - TKG).

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Das Internetrecht ist also eine rechtliche Querschnittsmaterie deren Erfassung besonders durch die komplexen Strukturen der zu Grunde liegenden Technologien und Entwicklungen geprägt und von deren Verständnis in besonderer Weise bedingt wird.

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Der hier vorliegenden Praxiskommentar – herausgegeben von Prof. Dr. Dirk Heckmann – will die rechtlichen und technischen Zusammenhänge darstellen und zugleich kompakt mit der ausreichenden sowie gleichwohl erforderlichen Schwerpunktsetzung praxisorientiert erläutern.

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Wie auch andere in der Reihe der Praxiskommentare der Juris GmbH bereits erschienenen Werke kombiniert der Kommentar die Buchfassung mit einer ständigen Onlineaktualisierung, in die die zwischen den Printauflagen ergangenen Neuerungen und Entwicklungen – etwa in der Rechtssprechung – aktuell abrufbar eingearbeitet werden. Gerade weil das Internetrecht – entsprechend dem technologischen Fortschritt – einem stetigen Wandel unterworfen ist, stellt dies eine äußerst sinnvolle und auch wichtige Ergänzung dar und vermag die natürlich in dieser Hinsicht unabdingbare "Trägheit" einer Printpublikation aufzufangen.

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Mit dem Kauf des Kommentars (im Einmalbezug) erhält man einen Freischaltcode der den 12-monatigen Zugang auf die Onlinefassung der Kommentierung nebst der zitierten Rechsprechung und weiterführenden Verweise ermöglicht. Das Werk kann auch als Abo (Mindestlaufzeit 12 Monate) bezogen werden (z.B. 1-3 Nutzer 11,00 EUR zzgl. MwSt. pro Monat) abonniert werden. Auch hier ist die Printausgabe enthalten.

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Wiziway, Wiziwas?

Der PraxisKommentar Internetrecht wartet zusätzlich mit einer weiteren Neuerung auf. Wer die Kommentierungen aufschlägt, dem fallen unweigerlich zahlreiche kleine kryptische Symbole in unmittelbarer Nähe zur zitierten Literatur und Rechtsprechung auf. Diese sind keinesfalls drucktechnische Abnormen der ersten Printauflage, sondern gewollt – sogar notwendig. Denn diese kleinen Symbole (sog. „Tags“, d.h. Internetadressen in Form eines Textsymbols) stellen den Schlüssel zur Nutzung der von Juris in diesem Kommentar erstmals eingesetzten Wiziway-Technologie dar, über die mittels der dem Kommentar beiliegenden Wiziway-Maus mit einem eingebauten optischen Lesegerät (sog. „Klicker“) und einer entsprechenden (englischsprachigen) Software Zitate direkt online in der Juris Datenbank aufgeschlagen werden können. Ebenso ist den einzelnen Kapiteln und Abschnitten des Kommentars stets ein „Tag“ vorangestellt, das die jeweils aktuelle Online-Fassung der Bearbeitung verknüpft.

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Nach der - üblichen Routinen folgenden - Installation funktioniert das System bereits ohne weitere Einstellungen recht ordentlich. Sobald man bei Juris eingeloggt ist, führt man die Wiziway-Maus über den entsprechenden "Tag" und das gewünschte Dokument wird nach einem "Klick" im Internetbrowser geöffnet. Hier ist allerdings teilweise eine gewisse Genauigkeit bei der Ausrichtung des optischen Lesegeräts gefragt.

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Mögen die natürlich zahlreichen im Fließtext und den Fußnoten vorhanden "Tag-Symbole" das Leseerlebnis anfänglich behindern, sollte sich hier relativ schnell eine Gewöhnung einstellen, und so liefert diese neue Technologie ein sicherlich bisweilen hilfreiches Tool bei der Literaturrecherche. Freilich sind die Zitate auch über die Linkverweisungen in der Onlinefassung des Kommentars zugänglich. Welche Variante des Nachschlagens man für sich wählt, bleibt wohl dem persönlichen Gusto überlassen.

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Allerdings: Was die Ergonomie und Alltagstauglichkeit der mitgelieferten – kabelgebundenen - Wiziway-Maus angeht, lässt sich mit diesem Modell – vor allem natürlich bei internetaffinen und technisch begeisterten Juristen – wohl kein "Blumentopf gewinnen". Hier hätte Juris vielleicht eine etwas intensivere Marktrecherche durchführen sollen. Diese Maus jedenfalls wird weder von der Größe noch vom "äußeren Charme" dem vorhandenen Designerstück oder auch nur der Microsoft- oder Logitech-Standard Maus der neueren Generation in der täglichen Arbeit den Platz auf dem Schreibtisch streitig machen. Die Intension, durch die Verbindung von Maus und "Wiziway-Klicker" kein zusätzliches Zeigegerät erforderlich zu machen und das Hilfmittel in die vorhandene Infrastruktur am Arbeitsplatz "nahtlos" zu integrierten, ist Juris daher insgesamt leider zunächst nicht gelungen. Sinnvoller wäre es wohl dem Kommentar standardmäßig einen separaten "Klicker" beizulegen und etwa ein Zubehörprogramm um weitere – auch funkbasierte - "Klicker-Modelle" bzw. kombinierte Wiziway-Mäuse zu erweitern.

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Zum Inhalt: Telemediengesetz, Domainrecht, E-Commerce & Co in 7 Kapiteln

Inhaltlich untergliedert sich die vorliegende Printausgabe in 7 Kapitel. Das umfangreichste, erste Kapitel bietet die derzeit wohl einzige vollständige Kommentierung des am 1. März 2007 in Kraft getretenen Telemediengesetzes (TMG) und erläutert die einzelnen Paragraphen zu den telemedienrechtlichen Grundsätzen, den Informationspflichten, den Haftungsgrundsätzen und den Datenschutzvorschriften insgesamt alltagstauglich prägnant und natürlich – da es sich um ein noch "junges" Gesetz handelt – orientiert an der insoweit in weiten Teilen übertragbaren Rechtslage aus TDG, TDDSG, MDStV etc. sowie in Anlehnung an die Gesetzesbegründung. Teilweise sind weiterführende Rechtsprechungshinweise und ähnliches tatsächlich schlichtweg noch nicht möglich. Hier wird die Zukunft Lücken füllen und die Kommentierung – inhaltlich – reifen und anwachsen lassen.

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Kapitel 2 widmet sich dem Domainrecht und Kapitel 3 dem Urheberrecht, während Kapitel 4 dem Bereich des E-Commerce vorbehalten ist. In den weiteren Kapiteln 5, 6 und 7 finden die Bereiche E-Goverment (Kapitel 5), Justizkommunikation (Kapitel 6) und Telekommunikation am Arbeitsplatz (Kapitel 7) Beachtung.

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Die Kapitel 2 bis 4 sind in thematische Abschnitte unterteilt. Abschnitt 1 des Kapitels 2: Domainrecht beschäftigt sich mit der Registrierung von Domains und den rechtsgeschäftlichen Spezifika (Stichworte: DENIC, ICANN, Kontrahierungszwang, Treuhanddomains, Domainpfändung, Rechtsnatur der Domain). Abschnitt 2 von Kapitel 2 umreißt und erläutert die Thematik der Domainstreitigkeiten im Einzelnen (Stichworte: Prioritätsprinzip, Domaingrabbing sowie Bezüge zu namens- marken-, wettbewerbsrechtlichen und prozessualen Fragen, Streitwert). Kapitel 3, Abschnitt 1 widmet sich der Nutzung fremden Contents, Abschnitt 2 der prominenten Problematik des File-Sharing. In Kapitel 4 (E-Commerce) werden der Vertragsschluss im Internet (Abschnitt 1), der rechtskonforme Webshop (Abschnitt 2) und Online-Auktionen (Abschnitt 3) erläutert. In Kapitel 4.2. findet sich zudem ein hilfreicher Exkurs zur wettbewerbsrechtlichen Abmahnung, dem gerne auch noch weitere Formulierungshilfen oder ggf. sogar der eine oder andere Textbaustein hätte hinzugefügt werden können.

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Grundsätzlich wird jedes Kapitel bzw. jeder Abschnitt mit einem grundlegenden Problemaufriss, der Erläuterung technischer Grundlagen und/oder normativen Zuordnungen eingeleitet, bevor spezifische Ausführungen zu den jeweils relevanten bzw. bedeutendsten Einzelfragen des betreffenden Bereichs erfolgen. Abschließend enthält ein jedes Kapitel bzw. jeder Abschnitt eine Aufstellung weiterführender Literatur und/oder Rechtsprechungshinweise zur Vertiefung. Dies gelingt dem Autorenteam in erfreulicher Weise. Zahlreiche Übersichten, Tabellen, Skizzen und Screenshots wollen darüber hinaus den tatsächlichen Bezug erhalten und die Erläuterungen veranschaulichen.

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Besonders die Kapitel 3 und 4 haben seit dem Erscheinen des Kommentars – der sich mit seiner 1. Auflage 2007 in der Printfassung auf dem Stand vom 02.07.2007 befindet – durch rege fach- und obergerichtliche Rechtsprechung einige (Weiter-) Entwicklungen zu verbuchen. Dies betrifft (nur beispielhaft) etwa die Thematik des File-Sharings genauso wie die Frage, ob die Werbung mit dem Kürzel "UVP" eine unzulässige irreführende Werbung i.S.d. § 5 UWG darstellt. Hier hat der BGH mittlerweile entschieden, dass die Verwendung dieser nicht unzulässig sei, da sie dem Verkehr als Abkürzung für eine unverbindliche Herstellerpreisempfehlung bekannt sei (BGH Urteil vom 07.12.2006 - Az. I ZR 271/03). Ähnliches gilt für Problematiken im Zusammenhang mit der Preisangabenverordnung (PangV), genauer der Frage, ob bei Internetangeboten gegen die PangV verstoßen wird, wenn neben der Abbildung einer Ware nur deren Preis genannt und nicht auf derselben Internetseite darauf hingewiesen wird, dass der Preis die Umsatzsteuer enthält und zusätzlich Liefer- und Versandkosten anfallen. Auch dies hat der BGH mittlerweile unter Einhaltung entsprechender Kriterien für zulässig erklärt (BGH, Urteil vom 04.10.2007 – Az. I ZR 143/04). Weiterhin in diesem Zusammenhang sind natürlich die zahlreichen Entscheidungen zum Thema Widerrufsbelehrung zu nennen. Die Fragen der Störerhaftung im Zusammenhang mit File-Sharing (Stichwort: Störerhaftung des Anschlussinhabers) und Usenet haben gerade jüngst ebenfalls einige wichtige Entscheidungen – auch auf oberlandesgerichtlicher Ebene – zu verzeichnen, die die Tendenzen der Rechtsprechung und vor allem die für oder gegen eine Störerhaftung sprechenden Tendenzen näher präzisieren. Dass solche Entwicklungen natürlich nicht vorgreifend aufgenommen werden können, versteht sich. Insgesamt versteift sich die Bearbeitung aber gerade in diesen Bereichen nicht auf den status quo und stellt sich keinesfalls als Sprachrohr subjektiver Auffassungen der Autoren dar. Vielmehr werden die Gegebenheiten an solchen Stellen erfreulich offen dargestellt, eingeordnet und einem entsprechenden Ausblick zugeführt. Hier ist beispielsweise die Problematik der Widerrufsbelehrung bzw. Widerrufsfirst im Rahmen von eBay-Geschäften (Stichwort: Belehrung in Textform gem. § 126b BGB) zu nennen. Der Darstellung der unsicheren Rechtslage und Rechtsprechung zum Textformerfordernis etwa folgt eine kritische Würdigung und der Hinweis dass in der Praxis die Einräumung einer Widerrufsfrist von einem Monat vorgezogen werden sollte.

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Erfreulich ist, dass "der Heckmann" neben den "internetrechtlichen Problemen des Tagesgeschäfts" auch die im Allgemeinen bisweilen weniger prominenten aber gleichsam bedeutenden Bereiche E-Goverment (Kapitel 5 – Stichworte: Barrierefreiheit, der elektronische Verwaltungsakt, elektronische Bekanntgabe und Zustellung, ) und Justizkommunikation (Kapitel 6 - Stichworte: IT-Vergabe, IT-Outsourcing, elektronische Signatur, Beweiskraft elektronischer Dokumente, elektronische Akteneinsicht und –führung, Online-Mahnantrag) aufnimmt und diese sowohl einführend wie auch vertiefend erläutert.

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(Arbeits-) Rechtlichen Problemfeldern in den Bereichen der Nutzung und Kontrolle von Telekommunikation am Arbeitsplatz, unzulässiger Telekommunikationskontrolle, unzulässiger Nutzung von Telekommunikation am Arbeitsplatz sowie der Telearbeit widmet sich schließlich das 7. Kapitel. Hierbei werden datenschutz-, prozess-, haftungs-, kündigungs- und betriebsverfassungsrechtliche Aspekte genauso beleuchtet, wie vertragsrechtliche Fragen angesprochen.

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Derzeit nur Online: Kapitel 8 – Strafrecht

Derzeit nur in der Onlineversion verfügbar ist im Übrigen ein Kapitel 8 - Strafrecht, das die strafrechtliche Relevanz internetbezogener Vorgänge beleuchtet. Beachtung finden hier einerseits die strafrechtlichen Risiken "für Jedermann" durch tägliche internetspezifische Handlungsweisen wie "Surfen, Download und Interaktion" im Internet sowie die technischen Umstände und Phänomene (etwa: Phishing, Pharming, Malware, Denial-of-Service-Attacken und Online-Demonstrationen). Andererseits werden natürlich die einschlägigen Normkreise des Strafgesetzbuches im Umfeld von illegalen Inhalten, extremistischer Propaganda, Pornographie, Datenunterdrückung und –manipulation genauso kommentiert wie die Problematik des „Tatorts Internet“ im Bereich der "klassischen" Delikte wie etwa Betrug, Beleidigung und auch der erst junge Tatbestand der Nachstellung nach § 238 StGB (Stichwort: Cyber-Stalking). Im Anhang ist Kapitel 8 eine tabellarische Übersicht angefügt, die eine Zusammenfassung von Straftaten wiedergibt, die "im" Internet begangen werden können.

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Schließlich sind einige wichtige internetrechtsrelevante Vorschriften (so auch solche der Abgabenordung – AO, der Finanzgerichtsordnung – FGO oder des Ordnungswidrigkeitengesetzes – OwiG) zum nachschlagen angehängt. Mittels des gut aufgestellten Stichwortverzeichnisses und insgesamt einer sinnvollen Gliederung und Struktur der Kommentierung gelingt eine zügige Arbeit mit dem Werk im Tagesgeschäft.

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Fazit:

Der Juris PraxisKommentar Internetrecht stellt sich insgesamt als sinnvolle und gut "bedienbare" Arbeitshilfe des Juristen in der Beratung, aber auch für Unternehmen und Behörden dar, die sich mit den rechtlichen Problematiken "im Internet" zu befassen haben oder befassen möchten. Die kompakte Darstellung ist in angenehmer Weise alltagstauglich, leicht erfassbar aufbereitet und führt den Leser schnell zum Ziel seiner Recherche und zu (Lösungs-) Ansätzen bei der Beantwortung seiner rechtlichen Fragen. Die laufende Online-Aktualisierung der Kommentierung stellt weitestgehend sicher, auf einem aktuellen Stand zu arbeiten. Sollte der "Internetjurist" sowieso auch über eine gute Basis an auch technischem Fachwissen verfügen, füllt der Kommentar gleichwohl doch vorhandene (Wissens-) Lücken in den Grundzügen und macht die rechtliche Zuordnung zum Lebenssachverhalt einfacherer und zugänglicher. Der "Heckmann" kann daher mit gutem Gewissen jedem empfohlen werden, der sich auf der Suche nach einer durchdachten Kommentierung zu der Querschnittsmaterie des Internetrechts befindet.



Online seit: 07.02.2008
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/1509
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