Rechtsprechung
OLG Düsseldorf, Urteil vom 30.10.2007 - I-20 U 107/07
"Die Frist beginnt frühestens mit Erhalt einer in Textform noch gesondert mitzuteilenden Widerrufsbelehrung" - Bei der Lieferung von Waren markiert erst der Erhalt der Ware den Fristbeginn
BGB § 312c Abs. 1 Satz 1, § 312d Abs. 2 Satz 1; UWG §§ 3, 4 Nr. 11, § 8 Abs. 1, Abs. 3, Abs. 4; BGB-InfoV § 1 Nr. 10, § 14 Abs. 1 (Anlage 2)
Leitsätze:*1. Zu den Bedingungen, über die der Unternehmer nach §§ 312c Abs. 1 Satz 1 BGB i.V.m. § 1 Nr. 10 BGB-InfoV zu
informieren hat, gehört vor allem eine klare Information über den Beginn und die Dauer und die Berechnung
der Widerrufsfrist.
2. Eine Belehrung mit der Formulierung "Die Frist beginnt frühestens mit Erhalt einer in Textform noch gesondert
mitzuteilenden Widerrufsbelehrung" ist zwar insoweit zutreffend, als die Frist jedenfalls nicht vor Erhalt einer in Textform
erfolgten Widerrufsbelehrung beginnt. Im Fall - auch - der Lieferung von Waren gem. § 312d Abs. 1 Satz 1 BGB
ist eine solche Belehrung allerdings falsch, weil die Frist nicht vor dem Tage des Eingangs der Waren bei dem Empfänger
beginnt.
3. Zwar müssen bei der Lieferung von Waren neben dem Erhalt der Ware auch die Informationspflichten nach
§ 312c Abs. 2 BGB in Textform erfüllt werden. Ein - insoweit über die im konkreten Fall relevanten Regelungen hinausgehender -
gesonderter Hinweis hierauf ist aber entbehrlich, denn nach § 312c Abs. 2 Nr. 2 BGB hat diese Information
ohnehin spätestens bis zur Lieferung der Ware zu erfolgen, d.h. erst der Erhalt der Ware markiert den Fristbeginn.
4. Die Vermutungswirkung des § 14 Abs. 1 BGB-InfoV setzt voraus, dass das Muster insgesamt vollständig
und unverändert übernommen wurde. Wird die Musterbelehrung aus Anlage 2 zu § 14 BGB-InfoV auch nur geringfügig
verändert, ist dies nicht mehr der Fall.
5. Ein Missbrauch i.S.d. § 8 Abs. 4 UWG liegt vor, wenn der Anspruchsberechtigte (§ 8 Abs. 1 UWG)
mit der Geltendmachung des Anspruchs überwiegend sachfremde, für sich gesehen nicht schutzwürdige
Interessen und Ziele verfolgt und diese als die eigentliche Triebfeder und das beherrschende
Motiv der Verfahrenseinleitung erscheinen. Ein Fehlen oder vollständiges Zurücktreten legitimer
wettbewerbsrechtlicher Ziele ist nicht erforderlich. Ausreichend ist, dass die sachfremden Ziele überwiegen.
Indiz für einen Missbrauch ist es, wenn dem Anspruchsberechtigten schonendere Möglichkeiten der
Anspruchsdurchsetzung zu Gebote stehen. Der Verletzte muss die Kenntnisse über die Rechtsverletzungen
in einer konkreten Verletzungsform grundsätzlich ausschöpfen, also in Abmahnung bzw. Verfügungsantrag
für den Gegner erkennbar machen.
Dies gilt insbesondere dann, wenn sonst der Verletzer dazu gebracht wird, Aufwendungen zu tätigen,
um die Verletzungsform dem Angriff des Verletzten anzupassen; nur um dann erneut aufgrund eines
anderen rechtlichen Gesichtspunktes zur Änderung derselben Verletzungsform gezwungen zu werden,
obwohl dieser rechtliche Gesichtspunkt dem Verletzten von Anbeginn bekannt gewesen ist
(OLG Hamburg, Beschluss vom 15.02.1996 - Az. 3 U 6/96, OLG Hamburg, Urteil vom 31.10.1988 - Az. 3 U 151/88 -
Protecton, GRUR 1989, 133; OLG Hamburg, Urteil vom 05.07.1984 -Az. 3 U 46/84 - Gewinnzahlen II,
GRUR 1984, 826; OLG München, Urteil vom 18.12.1997 - Az. 29 U 3017/97). Werden hingegen verschiedene
Unterlassungsansprüche schrittweise im Sinne einer "Salami-Taktik" geltend gemacht, indiziert dies einen Rechtsmissbrauch
(hier verneint, da der Antragsgegner zu keinem Zeitpunkt die Veranlassung gehabt habe, anzunehmen, der Antragsteller
wolle es bei der ersten Beanstandung bewenden lassen und werde jede beliebige Änderung - hier der Widerrufsbelehrung - hinnehmen).
Bearbeiter: Thomas Gramespacher
Online seit: 12.12.2007
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/1450
*Redaktionell. Amtliche Leit- und Orientierungssätze werden in einer "Anm. der Redaktion" benannt.
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